Projektabbau oder Rumbummeln?

9:45 Uhr
Heute ist der letzte Urlaubstag, ich bin wieder zu Hause nach Wandern, Gartenarbeit mit biestigen Pflanzen und blutrünstigen Tierchen, Kulturprogramm, kleinem Treffen mit diesen bezaubernden Damen und Riesendusel, weil vom Auto angefahren werden nur ein großer Bluterguss zu beklagen ist. Theoretisch könnte ich den Tag nutzen, einige der herumliegenden Projekte fertigzustellen. Einen Rock, den man euphemistisch als quietschig beschreiben könnte, wurde heute früh schon gesteckt und ein paar Bündchen sind auch schon vorbereitet. Allerdings vertreibt mich gerade das Laubgebläse vor dem Fenster, so dass ich mir lieber erstmal einen Kaffee gönne.

11:35 Uhr
Wie, schon zwei Stunden später? Vielleicht sollte ich doch weniger Blogs nebenbei lesen. Zumindest sind die Bündchen angenäht. Fehlt nur noch Faden vernähen und den Rest der Säume fertigstellen. Der Rock ist auch weder zu eng oder zu weit und kann gleich noch zusammengenäht werden. Danach gibt es ganz faul eine Mittagspause… mit Eierkuchen. Hmm, lecker.

15:10 Uhr
Nach zu häufiger Wiederholung der immer gleichen Pop-Titel und der Analyse von Gesichtsaudrücken aus dem Gerichtssaal bin ich lieber zu einem finnischen Radiosender gewechselt. Die Eierkuchen sind weggeputzt. Zwei UFO-Shirts für die Jungs sind fertig geworden. Beim Rock überlege ich noch, ob ich das 5 mm dünnere Gummiband verwenden soll. Dann wird der Tunnel genäht und Gummi eingezogen. Der Geschirrspüler ist leer, die dritte Waschmaschine läuft und meine Nähecke beginnt auf dem Boden etwas chaotisch auszusehen. Mein Ordnungssystem ist immer noch verbesserungswürdig, da ich nach dem Aufräumen grundsätzlich immer Dinge vermisse. In diesem Fall Klettband – ich bin mir sicher, dass ich noch einen schwarzen Rest habe.

Beim drögen Stecken kann man ja durchaus ein wenig die Gedanken schweifen lassen. Zuerst grübelte ich noch darüber, was aus ergonomischer Sicht an meinem Nähplatz verändert werden müsste und wie dies umgesetzt werden könnte. Etwas mehr indirekte Beleuchtung wäre nicht schlecht und eine höhere Zuschneidebene für die Fälle, in denen mal mehr zu zuschneiden ist. Später kam mir dann die Erkenntnis, dass ich mich die letzten Monate permanent durch eigene Erwartungen unter Druck setze: mehr, schneller, perfekter etc und das in ziemlich vielen Aspekten des Lebens. Dringend benötigte Auszeiten konnten das Problem auch nicht lösen, da die Ursache nicht klar definiert war. Jetzt kann ich mir viel zielgerichteter ein paar Lösungen überlegen. Auf jeden Fall wartet noch ein wenig mentale Arbeit. Aber ich schweife ab.

Wenn der Rock fertig ist, gönn ich mir ein Spaßprojekt. Mal sehen, worauf ich nachher Lust habe.

21:25 Uhr
Der Feierabend wurde gemütlich mit dem Lieblingsmann, Maultaschen, Salat, Rotwein und einem Italo-Western verbracht. Telefoniert wurde auch fleissig. Nun räume ich erstmal auf und setzt mich dann wieder an meinen Rock.